Silberpokal für einen scheidenden Offizier
(Lindau, nach 1906)
Zu den jüngsten Schenkungen für das Bayerische Armeemuseum zählt ein Silberpokal, den das Offizierkorps eines Regiments seinem ehemaligen Kommandeur um 1907 gewidmet hat. Bei diesem Pokal ist der Kontext der Schenkung mindestens ebenso interessant wie das Objekt selbst.
In der Zeit zwischen etwa 1880 und 1914 war es unter Offizieren vielfach Brauch, Silberstücke wie Tafelaufsätze, Schalen oder Kelche für das gemeinsame Offizierkasino zu stiften. Mitunter wurden solche Stücke auch als Abschiedsgeschenk für scheidende Kameraden in Auftrag gegeben. Diesen Silberpokal mit Jugendstilornamentik und eingelegten Halbedelsteinen ließ das Offizierkorps des in Lindau liegenden 20. Infanterieregiments für seinen ehemaligen Kommandeur Oberst Philipp Götz (1851-1922) anfertigen. Götz kommandierte, bevor er Generalmajor und Festungskommandant in Ulm wurde, das Regiment von 1903 bis 1906. In wessen Besitz der Pokal nach Götz‘ Tod im Jahre 1922 kam, ist nicht bekannt.
1945 aber gelangte er in die Hände des britischen Unteroffiziers William Marjurum (1908-1989) vom Royal Army Service Corps. Marjurum war 1941 in Griechenland in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und befand sich bei seiner Befreiung kurz vor Kriegsende in Bayern. Seit Rückkehr in seine südenglische Heimat zählte dieser Pokal zu den persönlichen Erinnerungsstücken an Krieg und Gefangenschaft, die Majurum auf seinem Kamin versammelt hatte. In der Familie wurde das Silberstück als „deutscher Kelch“ bezeichnet. Am Weihnachtstag eines jeden Jahres pflegte Majurum die Gewohnheit, zur Erinnerung an seine Kameraden ein Glas Bier daraus zu trinken. 2024 wendeten sich seine Enkel mit einer Geste der Versöhnung und des Respekts an das Bayerische Armeemuseum. Für sie war der Pokal ein Familienerbstück, das der Großvater während seiner vierjährigen Kriegsgefangenschaft erworben hatte. „Aber“, so schrieben sie nun: „unsere vorübergehende Vormundschaft über den Pokal endete, als unsere Mutter starb, und er muss in sein Heimatland zurückkehren.“ (Inv.-Nr. 0278-2024).