Lederkanone
(Salzburg, 17. Jahrhundert)
Aufgrund ihres Gewichtes konnte bis zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) die in einer Feldschlacht eingesetzte Artillerie nur schwer bewegt werden. Einmal in Stellung gebracht mussten die schweren Geschütze für die Dauer der Schlacht in ihren Feuerstellungen bleiben. Ein Stellungswechsel im laufenden Gefecht war kaum möglich. Verlor ein Feldherr oder Truppenführer die Schlacht und musste das Feld räumen, fiel seine Artillerie in der Regel in die Hände des Feindes, da die schweren Geschütze nicht schnell genug vom Schlachtfeld transportiert werden konnten. Um die immer beweglicher agierende Infanterie besser unterstützen zu können, versuchte man die sehr schweren Bronzerohre (eine Legierung aus Kupfer und Zinn) oder die Eisenrohre (bei kleineren Kalibern) leichter zu machen. Ein Nebeneffekt war, dass die Artillerie bei einer Niederlage auch nicht zurück gelassen werden musste.
Die hier gezeigte Lederkanone stammt aus Augsburg und wurde zwischen 1631 und 1633 gefertigt. Das Rohr besteht - anders wie der Name vermuten lässt - nach wie vor aus Metall, nämlich aus Kupfer. Um Gewicht zu sparen, war das Rohr wesentlich dünner als die massiven Bronzerohre, so dass sie sich bei Hitze leichter verformten. Deshalb sollte eine Seilumwicklung "Beulen" infolge von Erwärmung verhindern und das Rohr überhaupt schussfest machen. Über der Seilwicklung legte man einen Überzug aus Gips und zog außen eine Lederhülle darüber, die das Ganze zusammenhielt. Das Leder schützte vor Witterungseinflüssen (z.B. Regen) und Bestoßungen. Diese Lederhülle gab der Kanone ihren Namen.
Üblicherweise wird diese Erfindung mit der schwedischen Armee in Verbindung gebracht, was jedoch falsch ist. 1623 fertigte der Schweizer Philipp Eberhart (1563-1627) die erste Lederkanone. Durch einen Österreicher im Dienste der Schweden kam die Lederkanone in die schwedische Armee, wurde aber bald darauf nicht weiter verfolgt, da sich eklatante Schwächen zeigten. Die notwendige Kühlung des Rohres war durch den komplexen Aufbau der Hülle letztlich nicht möglich, so dass die Kanone schnell überhitzte. Nach wenigen Schüssen war die Lederkanone für die Bedienungsmannschaft fast gefährlicher als für den Gegner. 1629 stellte die schwedische Armee deshalb die Produktion ein.
Die Lederkanone des Bayerischen Armeemuseum wurde zwischen 1631 und 1633 vom Augsburger Goldschmied Georg Lotta an den Salzburger Erzbischof Paris Lodron verkauft. Zu einer Zeit also, als dieser Waffentyp schon als überhohlt gelten musste. Vermutlich fungierte Lotta nur als Verkäufer und war nicht der Hersteller. Von den ursprünglich acht Stücken, die an Salzburg ausgeliefert wurden, sind neben dem Stück in unserem Museum nur noch ein weiteres im Germanischen Nationalmuseum in München bekannt.
Das Stück ist derzeit im Depot des Bayerischen Armeemuseums verwahrt (Inv.-Nr. C 15).