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Französisches Infanteriegewehr M 1777 corrigé an IX
(Lüttich, nach 1801)

Französisches Infanteriegewehr M 1777 corrigé an IX (Detail), Lüttich, nach 1801, Inv.-Nr. A 2553 © Bayerisches ArmeemuseumFranzösisches Infanteriegewehr M 1777 corrigé an IX (Detail), Lüttich, nach 1801, Inv.-Nr. A 2553 © Bayerisches ArmeemuseumDas im Jahr 1777 in der französischen Arme eingeführte Steinschlossgewehr wurde in vielerlei Hinsicht zum Vorbild der Gewehre seiner Epoche. General Jean-Baptiste Vaquette de Gribeauval (1715-1789) hatte als Generalinspekteur der Artillerie die Aufgabe, die bestehenden Gewehre und Pistolenmodelle Frankreichs zu überarbeiten. Ein Ziel war dabei auch, einzelne Komponenten (wie z.B. einen Teil des Schlosses) bei einem Schaden durch ein identisches einfach auszutauschen.

Gribeauval baute auf den Vorgängermodellen von 1728, 1763 und 1766 auf und verbesserte es. Es ist somit der Abschluss einer organischen Reihe, die auch auf die Optik der Waffe großen Wert legte. So ersetzte man den bisher üblichen Schwanenhalshahn endgültig durch einen mit einem herzförmigen Ausschnitt, der wesentlich stabiler war und nicht mehr so leicht brach. Zudem wurde jetzt eine Pfanne aus Messing verwendet, die besser gereinigt werden konnte. Außerdem setzte ihr das aggressive Schwarzpulver nicht so sehr zu wie der Vorgängerversion aus Eisen. Der Lauf wurde (wie schon seit 1728) durch drei Ringe mit dem Schaft aus Nussbaum verbunden und nicht mit Stiften, wie bei Gewehren in anderen Ländern, außerdem wurde er mit einem Wangenausschnitt versehen.

Im Jahr 1802 wurde das Modell 1777 überarbeitet und erhielt die Bezeichnung Modell 1777 corrigé an 9 (=verbessert im Jahr 9). Die Bezeichnung bezog sich auf den Kalender der französischen Revolution, der mit dem 22. September 1792 begann, dem Tag, an dem die Republik ausgerufen worden war. Die Änderungen an der Waffe selbst waren gering. So überarbeitete man Teile des Schlosses und stattete jetzt alle drei Schaftringe mit Federn aus, um den Lauf für die Reinigung leichter ausbauen zu können. Außerdem wurde im Schaft eine Haltefeder für den Ladestock eingebaut.

Auf der Schlossplatte wurde die Gewehrfabrik eingraviert, in der das Gewehr gefertigt worden war. Diese befanden sich in St.Etienne, Tulle, Charleville, Maubeuge, Mutzig, Roanne, Versailles, Culembourg, Lüttich und Turin. Später wurde die Produktion auch auf Fabriken in den annektierten Gebieten ausgeweitet. So befindet sich in den Beständen des Bayerischen Armeemuseums ein Gewehrmodell aus Essen im Großherzogtum Baden. So wurden bis 1819 etwa sieben Millionen Exemplare des Modells 1777 und des überarbeiteten Modells „an 9“ angefertigt. Viele Stücke wurden später auch auf Perkussionszündung umgebaut und weiter verwendet. Mit gezogenem Lauf versehen und auf Rückladung für Metallpatronen aptiert kamen sie sogar noch im Krieg von 1870/71 zum Einsatz. Neben dem Infanteriegewehr gab es auch Varianten, die sich hinsichtlich der Länge oder bestimmter Details unterschieden (u.a. für leichte Infanterie, Kavallerie, Marine etc.).

Französisches Infanteriegewehr M 1777 corrigé an IX, Lüttich, nach 1801, Inv.-Nr. A 2553 © Bayerisches ArmeemuseumDas Modell 1777 wurde von vielen Ländern in großen Teilen kopiert. Vor allem der Herzhahn wurde geradezu zu einem Leitmotiv der Steinschlossgewehre dieser Jahrzehnte. So basiert das preußische Infanteriegewehr M 1809, das russische Modell 1808, das österreichische Modell 1807 oder auch das bayerische Modell 1804 im Wesentlichen auf dem französischen Vorbild.

Das hier vorgestellte Gewehr wurde in Lüttich gefertigt und auf der Schwanzschraube mit „M 1777“ bezeichnet. Frankreich war wohl das erste Land, das seine Waffen mit präzisen Modellbezeichnungen versehen hat. Interessant ist auch das Schlossblech: Lüttich wird als „nat.le“ Gewehrfabrik bezeichnet; die Waffe wurde also vor dem Kaiserreich erzeugt, denn dann wurden die Fabriken mit „imp.le“ bezeichnet.Wie alle Waffen der Modellreihe 1777 handelt es sich beim Infanteriegewehr um einen glattläufigen Vorderlader mit einem Kaliber von 17,5 mm. Es besitzt eine Gesamtlänge von 152 cm (mit Bajonett 190 cm). Die verwendeten Bleikugeln hatten einen Durchmesser von etwa 16 mm, um ein schnelles Laden zu gewährleisten. Das bedeutete jedoch auch, dass ein gezielter Schuss realistisch nur bis max. 100 m möglich war. Für die Armee kam es jedoch darauf an, dass die Gewehre robust, einfach zu reinigen und schnell zu laden waren. Die Qualität dieser Waffen steht außer Zweifel. Versuche haben gezeigt, dass ein Lauf des Modells 1777 an 9 nach 25.000 Schuss keine Schäden aufwies.
Dieses Gewehr gelangte 1890 als Schenkung ins Bayerische Armeemuseum und befindet sich derzeit im Depot des Museums (Inv.-Nr. A 2553).


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