Kleine Pavese (Handtartsche) mit dem Münchner Kindl
(Bayern, 15. Jahrhundert)
Pavese ist die Bezeichnung für eine besondere Form eines Schildes. Das vorliegende, sehr schön gestaltete Stück hat eine rechteckige Form und besteht aus einem Holzkern, der mit bemaltem Leinwandstoff überzogen ist. Es ist „nur“ 66,5 cm hoch. Das Material ist so dick, dass Pfeile, Armbrustbolzen und kleinkalibrige Bleikugeln abprallen oder darin stecken blieben. Mittig verläuft eine Aufwölbung, hinter der sich auf der Rückseite ein Hohlraum befindet. In diesem kann mit Hilfe eines Y-förmigen Griffes aus Leder senkrecht seinen Arm stecken und so die Pavese vor den Oberkörper und das Kinn halten. In erster Linie waren diese Schilde für Fußkämpfer gedacht. Große Pavesen werden auch als Setzschild bezeichnet, da sie geeignet waren, kniend Schutz dahinter zu suchen, wobei der vorgestützte Fuß in der Hohlkehle Platz fand. Diese Exemplare waren jedoch bis zu 2 m hoch und dienten als „tragbare Wand“ der Annäherung an den Feind als Deckung für Armbrust- oder Büchsenschützen bei Belagerungen.
Der Begriff Tartsche leitet sich wohl vom arabischen Begriff „dárake“ oder „adarga“, einem Rundschild, ab. Ab dem 15. Jahrhundert wurden Tartschen, die man auf dem Boden absetzen konnte, als Pavesen bezeichnet. Dies leitete sich vom lateinischen „pavisorius“ bzw. dem griechischen „patzeon“ ab, was Schild bedeutet.
Diese Handtartsche war in der großen Ausstellung „Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa“ (8. September 2013 bis 2. März 2014) der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen in Mannheim zu sehen. Heute ist sie in der Schatzkammer des Bayerischen Armeemuseums ausgestellt und wird von Tobias Schönauer ausführlich im Katalog „Plattenrock, Buckler und Conquistador. Aus der Schatzkammer des Bayerischen Armeemuseums“ vorgestellt (Inv.-Nr. 0009-2000).